Fachartikel | Die Welt mit anderen Augen sehen – Interkulturelle Zusammenarbeit braucht mehr als eine Sprache

Von Confidos-Trainerin und Coach | Dr. Annette Lühken

Die Herausforderungen in der internationalen Zusammenarbeit sind sehr vielfältig – und werden oft gar nicht als solche wahrgenommen. Klar, wer mit seinem Unternehmen und dessen Leistungen nach Asien strebt, hat die Notwendigkeit eines interkulturellen Trainings meist deutlich vor Augen. Man spricht zwar selbst nur Englisch, aber das wird schon reichen, hofft man. Viel wichtiger scheint es, mit Stäbchen essen zu können, den Geschäftspartner respektvoll und richtig zu begrüßen und zu wissen, wie man erfolgreich verhandelt. Doch was ist, wenn internationale und somit interkulturelle Zusammenarbeit bereits in Bezug auf den europäischen Nachbarn oder gar  im eigenen Team, in der eigenen Belegschaft gefragt ist? Wenn kulturelle Unterschiede nicht eine Frage der Entfernung sind?

Management ist Menschenkunde

Menschlichkeit im Umgang mit Mitarbeitern und Verhandlungspartnern zahlt sich aus. Doch wie soll das immer funktionieren, wenn Menschen so unterschiedlich sind? Oft klappt es mit der Verständigung trotz überwundener Sprachbarriere nicht, wir stoßen außerhalb unserer gewohnten Umgebung schnell an Grenzen kultureller Art. Und diese Grenzen sind nicht geografisch fixiert und oft nicht sichtbar.

Jeder Manager steht täglich vor der Herausforderung, sein Unternehmen und seine Mitarbeiter so zu führen, dass das Unternehmensziel möglichst effizient verfolgt wird, dabei aber die Interessen und Bedürfnisse der Mitarbeiter nicht zu kurz kommen. Die Aufgabe wird umso größer, je multinationaler das eigene Team ist. Wieso spricht der aus Frankreich stammende Mitarbeiter kritische Fragen nicht direkt an? Warum kommt der spanische Mitarbeiter nie pünktlich? Die Kenntnis der jeweiligen Sichtweisen und Werte sowie das Wissen, wie andere Menschen die Realität empfinden, sind Voraussetzung für erfolgreiche Führung, vor allem in zunehmend multinationalen Teams! Über längere Zeit in Deutschland zu leben und zu arbeiten heißt noch lange nicht deutsch zu sein.

Basics interkultureller Kommunikation

Kommunikation findet auf drei Ebenen statt: verbal (gesprochen), paraverbal (z.B. Stimmlage, Sprechtempo, Rhythmus) und nonverbal (Mimik, Gestik, Körpersprache). Vor allem auf Managementebene hat Kommunikation einen hohen Stellenwert, verbringen Manager doch einen wesentlichen Teil ihrer Arbeitszeit damit. Spricht man eine gemeinsame Sprache, so werden auf der verbalen Ebene die wenigsten Missverständnisse erwartet. Dabei ist vielen nicht bewusst, dass es manchmal für Worte aus der eigenen Sprache kein entsprechendes oder gar bedeutungsgleiches Wort in der anderen Sprache gibt. So versteht der französische Geschäftspartner unter einem Kompromiss/compromis keinesfalls eine gegenseitige freiwillige Übereinkunft. Für ihn ist es eine Niederlage.

Auf der paraverbalen Ebene tauchen spätestens dann Missverständnisse auf, wenn es Unterschiede im Sprecherwechsel gibt. Während man in Deutschland sein Gegenüber aussprechen lässt, ist es in Frankreich üblich, bei Bedarf einen Kommentar einzuwerfen. Dies ist alles andere als unhöflich.

Gesten sind im Bereich der nonverbalen Kommunikation kulturell sehr unterschiedlich. Handzeichen sind deshalb mit Vorsicht zu verwenden, da sie nur selten die gleiche Bedeutung wie in der eigenen Kultur haben. So ist das im Deutschen verwendete Handzeichen für „ok, gut so“ (Daumen und Zeigefinger bilden einen Kreis) in Belgien und Frankreich zu übersetzen mit „null, wertlos“.

Fazit: Bereits auf den Ebenen der Kommunikation lauern viele Fettnäpfchen, auf die man sich vorbereiten sollte, damit die weitere Zusammenarbeit mit dem kulturell anders geprägten Gegenüber klappt.

Erfolgreicher zusammenarbeiten – Tipps für die ersten Schritte

Interkulturell arbeiten bedeutet, aufeinander zuzugehen. Dies beginnt im eigenen Unternehmen und erweitert sich in der Kooperation mit ausländischen Geschäftspartnern. Um die Welt aus der Sicht eines anderen sehen und verstehen zu können, ist es manchmal nötig, in dessen Schuhe zu schlüpfen. Und das ist gar nicht so schwierig. Folgende Tipps können bei den ersten Schritten im bewussten Umgang mit Menschen anderer Kulturen helfen:

  1. Bleibe du selbst: Für einen verständnisvollen und respektvollen Umgang mit anderen Menschen braucht die eigene Persönlichkeit nicht aufgegeben werden. Interkulturelle Kompetenz bedeutet nicht Anpassung! Wichtig ist jedoch der bewusste Umgang mit der eigenkulturellen Prägung, denn oft werden mit einer Kultur bestimmte Erwartungen verbunden. Doch sind alle Deutschen so ordentlich, wie man behauptet? Wie deutsch bin ich selbst?
  2. Hinterfrage andere Verhaltensweisen: Wenn möglich ist die direkte Ansprache anderen Verhaltens der beste Weg, Verständnis aufzubauen. Auf der Basis des gegenseitigen Verständnisses kann dann eine gemeinsame Verhaltensweise vereinbart werden. Beispiel: Unterschiedlicher Umgang mit Zeit. Bei der Vorbereitung von Auslandsentsendungen oder internationalen Kooperationen ist es schon innerhalb des europäischen Auslands wichtig, Kenntnisse über die andere Kultur zu erlangen, da hier bereits große Missverständnisse entstehen können. Interkulturelle Trainings helfen da entscheidend weiter! Es geht im Training aber nicht darum, kulturelle Klischees auswendig zu lernen, sondern mögliche Verhaltensweisen zu erfahren und entsprechende Reaktionsstrategien zu entwickeln.
  3. Erkläre deine Kultur: Oft weiß der andere nicht, welche Regeln und Werte in einer Kultur gelebt werden. Beschreibt man Kultur als Systematik des Miteinanders, so wird beispielsweise die Wichtigkeit der Unterscheidung von Nationalkultur und Unternehmenskultur deutlich. Einstellungen, Verhaltensweisen und Überzeugungen können unternehmensintern anders gelebt werden, als es in der Nationalkultur üblich ist. Was kann mein französischer Geschäftspartner von mir als deutschem Unternehmer erwarten? Wie „deutsch“ ist mein Unternehmen eigentlich?
  4. Kläre deine Erwartungen: Sowohl im eigenen Team als auch in der Zusammenarbeit mit Auslandskunden ist es ratsam, Erwartungen und Ziele rechtzeitig zu klären. Wichtig ist jedoch zu wissen, wie man eigene Standpunkte verhandelt. Auch hier zahlt sich interkulturelle Handlungskompetenz aus. Bei Verhandlungen zu sehr aufs Tempo zu drücken schadet in Asien und in arabischen Ländern. Aber auch Spanier und Franzosen machen da nicht mit! Die Gründe dafür sind unterschiedlich, ebenso wie die entsprechenden Handlungsmöglichkeiten. Generell ist es besser, sich Zeit zu nehmen, zuzuhören, mit dem Gesprächspartner Essen zu gehen – dann klappt‘s auch mit dem Vertrag.
  5. Lerne aus interkulturellen Kontakten: Veränderungen des Verhaltens, Denkens oder Fühlens aufgrund von Erfahrungen oder neu gewonnenen Einsichten ermöglichen zukünftig einen besseren Umgang mit Menschen anderer Kulturen. Je bewusster man sich mit dem Anderen auseinander setzt, desto erfolgreicher ist Lernen möglich. Die Unterstützung durch einen interkulturell geschulten Trainer oder auch Coach ist hier fast unumgänglich. Wer nicht lange mit seinen Erfahrungen und Fragen alleine bleiben möchte, kann zahlreiche Formen der Lernunterstützung finden: Trainings, Workshops, Seminare, individuelle Beratung, Coachings, Teamentwicklungsmaßnahmen, Entsendungsvorbereitungen etc. Diese empfehlen sich für die Vor- wie auch zur Nachbereitung interkultureller Kontakte.

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